Donnerstag, 6. Oktober 2016

Paul Heyd: Autos sind seine Kinder

Große Leidenschaft Sammeln

Eine etwas andere Geschichte.



Früher, da sah man Paul Heyd oft über die Trödelmärkte schlendern. Frühmorgens, wenn noch wirklich das eine oder andere Schnäppchen bei den Händlern zu finden war. Zwischenzeitlich geht Paul Heyd im Internet auf die Jagd. Das liegt nicht  daran, dass Paul Heyd mit seinen zwischenzeitlich 82 Jahren bequemer geworden ist. Auch nicht an den unliebsamen Begleiterscheinungen des Alters, die dem einst stattlichen Mann 35 Kilo, längst aber nicht das Glänzen in den Augen geraubt haben. Nein. Es ist allein die Tatsache, dass es auf den lokalen Märkten kaum noch interessante Dinge zu finden gibt. „Wer etwas Gutes hat, der bietet es im Netz an“, erklärt Paul Heyd.
Eigentlich will er gar nicht mehr so viel. Der Platz wird eng in der Halle im Öhringer Industriegebiet. Hier stehen über 30 Automobile, die Geschichte schrieben. Manche Geschichten sind nur für Paul Heyd interessant. Wie die Geschichte seines ersten Autos, das er nach zehn Jahren Arbeit von seinem eigenen Geld kaufte. Zuvor war er Motorrad, eine Harley Davidson von 1925. Das war bei Wind und Wetter aber nicht immer ungefährlich. Erst sponserte der Vater einen kleinen Fiat. In den passte der große Paul aber kaum hinein. Und so kaufte er sich einen babyblauen Daimler 180. Das stattliche Gefährt Baujahr 1950 sticht noch heute aus der Reihe der sehenswerten Fahrzeuge heraus. Das liegt nicht allein an seiner prominenten Platzierung.  Man spürt, dass Paul Heyd mit diesem Auto besondere Erinnerungen verbindet. Für gerade einmal 800 Mark, erzählt er, hat er das Auto gekauft. Rostlöcher zwangen, eine Plastikplane in den Kofferraum zu legen, damit Zelt und Gepäck auf dem Weg zum Nordkap nicht schon vor dem Aufbau durchweichten. Das Gefährt hielt durch. 2010 hat Heyd die Tour im selben Auto wiederholt. Er hielt durch.




Überhaupt kann Heyd zu jedem Auto eine Geschichte erzählen. Und zu jedem der 100 Motorräder. Wertvoll ist vor allem die Sammlung seiner Email-Schilder („Wer hätte das damals gedacht?“). Anfangs sammelte er sie nur, um die kahlen Wände zu schmücken. Heute sind sie ein Vermögen wert. Ebenso die Glaskunst, die Heyd anfing zu sammeln, um den mitreisenden Damen im Museum etwas bieten zu können. „Doch die haben meist kein Auge dafür“, bedauert Heyd.
Er hatte immer ein Auge für das Besondere. Das sieht man an den Musiktruhen und vor allem den Koffern. Von Louis Vuitton sind große, mit Nägeln beschlagene Reisekoffer. So schön, dass das Herz höher schlägt. „In der Farbe orange, das war die Farbe der russischen Herrscherfamilie“, gibt es die Geschichte dazu.
Stunden kann Paul Heyd erzählen. Früher hat er das am liebsten am Eingang, unter den Emailschildern getan. Mit einem Zigarillo in der Hand. Das hat ihm der Arzt zwischenzeitlich verboten. Jetzt erzählt er die Geschichten ohne die Zigarillo. Dabei hat die so schön zu dem Emailschild gepasst, das die letzte Zigarre vor dem Pranger bewarb.  Der Humor von Paul Heyd beruht auf Understatement.
Unaufgeregt erzählt der Senior. Von seiner aktiven Zeit im Unternehmen, das von Bietigheim aus  erst in Kupferzell, dann Öhringen produzieren ließ. Viele Reisen zu Kunden und Geschäftspartnern habe ihm die Arbeit ermöglicht, hört man ihn sagen. Die Sekretärinnen wussten, dass sie die Reisen so legen mussten, dass eine Verlängerung über das Wochenende und damit ein Bummel über die Trödelmärkte der Welt möglich war. Und man hört heute noch die Dankbarkeit zwischen den Zeilen, die ihm sein privilegiertes Arbeitsleben ermöglicht haben.  Er musste sich nach niemandem richten. „Und ich musste anders als mein Bruder keine Söhne während des Studiums finanzieren.“ Stattdessen erweiterte sich die Sammlung. Stück für Stück. In der Spitze, erzählt Heyd, hatte er 54 Autos. „Zum Teil musste ich dafür Scheunen anmieten“, schüttelt er den Kopf. Deshalb wurden einige Autos verkauft. Drei sind trotz ihres hohen Alters auf der Straße. „Nur in die Stadt fahre ich mit denen nicht. Die haben so einen schlimmen Wendekreis“, schmunzelt Heyd.
Im Alltag führt Heyd Golf. Völlig unspektakulär. Und meist innerhalb der Verkehrsregeln. 60 Jahre sei  er ohne Unfall und Punkt gefahren. Bis vor zwei Jahren sogar mit dem Motorrad. „Und dann gab es einen Punkt wegen zu schnellen Fahrens“, ärgert sich Heyd. Einen anderen Rekord denkt er aber denkt er nicht zu brechen: „Im Golf bin ich 100 000 Kilometer ganz alleine gefahren.“ Ohne Frau und ohne Kinder. Aber sicher mit dem einen oder anderen Sammelstück im Kofferraum. Denn das ist seine Passion.  




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